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„Wir
lassen uns nicht unterkriegen!“ Arbeitslos im
Advent |
MDR,
15.12.2011, 22.35 Uhr. 30 min. |
Eingereicht
für den Deutschen Sozialpreis 2012. |
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„Da kommt nichts mehr. Was soll da noch kommen?“ |
Früh aufstehen, zur Arbeit gehen, eben einen Job zu haben – das wünscht sich Petra |
Haubold immer noch. Ganz
früher stand die 56jährige im Zschopauer Motorradwerk am Fließ- |
band.
Heute würde sie gern als Verkäuferin arbeiten, aber in Zschopau
sieht es schlecht aus. |
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Petra
Haubold: |
"Eigentlich
bin ich schon viel zu |
lange
zu hause. Man bräuchte mal wieder |
was für
sich, was innerlich Kraft gibt. Ich |
lieg ja nicht
zuhause
faul rum, ich geh ja |
jeden Tag in den
Brotkorb. Aber
das |
Gewisse, was für mich, mal ausschlag |
gebend wäre, eine richtige Arbeit ,richtig |
Geld verdienen und mit Freude durchs |
Leben zu
gehen, das fehlt.“ |
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Bild:
P.Haubold im Brotkorb |
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Die Adventszeit ist immer wieder eine besondere Herausforderung. Im Schein der |
Kerzen, beim Anblick
der fröhlichen Dekorationen, drückt die Sehnsucht nach
einem |
„normalen“ Leben und finanzieller Unabhängigkeit besonders stark. |
Petra Haubold und Christine Seifert sind Freundinnen. Sie haben sich im Ehrenamt |
kennengelernt:
der Zschopauer Brotkorb ist ihr fast täglicher Anlaufpunkt.
Hier be- |
kommen sie Anerkennung. Christine Seifert ist inzwischen 62 Jahre alt.
Sie hat sich |
eingerichtet, organisiert sich kleine Freuden. Sie pflegt ihre alten Räuchermänner und |
Engelsfiguren, vom Vater geschnitzt oder zu DDR-Zeiten über Beziehungen |
bekommen. Sie hat damals in
Großolbersdorf Strümpfe gestrickt. Von dem
arbeits- |
reichen,
aber gut erträglichen Leben damals ist der 62jährigen nicht viel geblieben. |
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Christine Seifert: |

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„Im November 1990 war ich zu hause.
Man hat ge- |
dacht, na mal so zwei, drei Wochen. Aber
daraus |
sind 20 Jahre geworden! Das hat
keiner
geahnt. |
Aber:
es
geht immer weiter und mir lassen uns |
wirklich
nicht
unterkriegen. Ich guck jetzt auf meine |
paar Jahre, die ich
noch hab und die will ich noch |
genießen.
Selbst
mit Hartz IV. |
Auch wenn ich mir nicht
alles kaufen kann, ich |
mach´s
mir so, wie ich es kann, dass es
mir |
halbwegs noch gut
geht." |
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Bild: C.Seifert vor der Fabrik |
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Der Konjunkturaufschwung kommt für die Langzeitarbeitslosen
im Osten zu spät. Wer nach der |
Wende nichts mehr fand und inzwischen über 55
Jahre alt ist, der kann sich nur noch
mit |
einem Leben in der Sozialhilfe arrangieren. Das gehe,
sei aber ein täglicher Kampf, so Petra |
Haubold. Lichtblick sind die fröhlichen Momente mit ihren
„Kollegen“ von der
Lebensmittel- |
ausgabe
beim Brotkorb in Zschopau. Ab und zu kommt
eine Arbeitsgelegenheit vom Job- |
center dazu. Doch der öffentlich geförderte Arbeitsmarkt wird immer mehr gekürzt, seit 2012 |
besonders stark. Fatal für diese Menschen, um die sich
Pfarrer Johannes Roscher von der |
Kirchlichen
Erwerbsloseninitiative
Zschopau kümmert und für die er kämpft. |
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Johannes Roscher: |
„Gegen Langzeitarbeitslosigkeit muss die |
Gesellschaft
was machen. Wir brauchen |
einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, |
schlicht und ergreifend. Den sind wir aber |
gerade dabei, abzubauen. Das ist die |
Tragik! Wer über lange Zeit merkt,
mich |
braucht
niemand, das was ich kann, will |
keiner,
der versinkt in manch anderen |
Problemen,
also Alkoholismus oder was |
auch immer
vorkommen kann. Und das ist |
schade.
Und es verursacht auch Kosten. |
Es ist nicht
so, dass wir, weil wir das Geld |
nicht für
Arbeit ausgeben, volkswirtschaft- |
lich viel
sparen.Wir
werden es anderswo |
ausgeben." |
Bild:
J.Roscher |
Link: kez-zschopau.de |